Rot-Grün auf dem Weg zu einer nachhaltigen Bildungspolitik
Für Chancengleichheit und Inklusion in Niedersachsen
Klausurtagung der SPD-Fraktion am 31.03./01.04.2014
„Ein zentraler Schwerpunkt unserer Arbeit wird die Bildungspolitik sein – von der frühkindlichen Förderung über eine bessere Schulpolitik, der beruflichen Erstausbildung, den Hochschulen bis zur Weiterbildung. Nur so gelingt eine vorsorgende Politik, die zugleich soziale Teilhabe und wirtschaftlichen Erfolg ermöglicht.

Deshalb setzen wir auf bessere Bildungsstrukturen und zielgerichtete Bildungsinvestitionen und werden Bildungshürden – etwa die Studiengebühren – im Sinne von Chancengleichheit überwinden.“ („Erneuerung und Zusammenhalt. Nachhaltige Politik für Niedersachsen. Koalitionsvereinbarung 2013-2018“)
Das Bildungssystem zu verbessern ist zentrales Anliegen der SPD-Landtagsfraktion in Niedersachsen und der von SPD und Bündnis90/Die Grünen getragenen Landesregierung. Für uns ist klar: Bildung ist die Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben.
Wir haben schon viel erreicht
Mit der „Zukunftsoffensive Bildung“ wurde bereits im zurückliegenden Jahr ein wichtiges Signal gesetzt: Ausbau der Krippenplätze, Ausbau der Ganztagsschulen und Qualitätsverbesserungen in der Schule.
Mit der für 2015 geplanten Novelle des Niedersächsischen Schulgesetzes wird der Systemwechsel von G8 zu G9 und damit zu einem modernen Abitur am Gymnasium in Niedersachsen nach 13 Schuljahren umgesetzt. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass in Folge des Abiturs nach acht Jahren Stress, Lernverdrossenheit und Unzufriedenheit insbesondere bei den Schülerinnen und Schülern belastend sind.
Wir haben damit wichtige Schritte in der Bildungspolitik auf den Weg gebracht. Gleichzeitig machen wir deutlich, dass es uns nicht um Schnellschüsse geht. „Gute Bildung“ braucht Zeit. Wir wollen ein Abitur, das den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler an den niedersächsischen Gymnasien und den Anforderungen an einen modernen Bildungsabschluss entspricht.
Die SPD-Landtagsfraktion will mit der Novelle des Niedersächsischen Schulgesetzes mehr Bildungsgerechtigkeit zum Wohle der Schülerinnen und Schüler unseres Landes erreichen. Wir wollen ein Schulsystem, das den Interessen der Schülerinnen und Schüler und ihrer Eltern gerecht wird und das allen Regionen des Landes ein wohnortnahes, regional angepasstes und stabiles Bildungsangebot ermöglicht.
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Aber wir wollen noch mehr erreichen
I) Rot-Grün wird die inklusive Bildungsgesellschaft weiterentwickeln
„Die Umsetzung der UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen sieht die rot-grüne Koalition als einen entscheidenden Schritt zur Entwicklung einer inklusiven Pädagogik an. Erst dann werden alle Menschen in ihrer sozialen und kulturellen Unterschiedlichkeit respektiert, kann sich die Vielfalt der Talente entwickeln und wird allen Kindern und Jugendlichen erfolgreiches Lernen ermöglicht. Der Blick auf die Entwicklungschancen jedes Kindes ist das zentrale Element einer Pädagogik der Vielfalt und Ermutigung.“ („Erneuerung und Zusammenhalt. Nachhaltige Politik für Niedersachsen. Koalitionsvereinbarung 2013-2018“)
Das 2006 von der UNO-Generalversammlung in New York verabschiedete und 2008 in Kraft getretene Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen hat die Menschenrechte konkretisiert, um allen die gleichberechtigte Teilhabe bzw. Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. 128 Staaten, so auch Deutschland, haben sich diesem Übereinkommen angeschlossen.
Es gibt über die UN-Konvention eine rechtliche Verpflichtung zur Inklusion. Aber wir diskutieren Inklusion nicht nur vor dem Hintergrund der rechtlichen Verpflichtungen der UN-Konvention. Wir diskutieren das Thema viel mehr, weil es dem sozialdemokratischen Gesellschafts- und Menschenbild entspricht. Ziel sozialdemokratischer Politik war und ist gesellschaftliche Emanzipation und Partizipation mit dem Ziel, den einzelnen Menschen in die Lage zu versetzen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Das ist unser Antrieb, die „Inklusive Gesellschaft“ auf die politische Tagesordnung zu setzen.
Die SPD-Landtagsfraktion fordert seit Jahren die gleichberechtigte Teilhabe für Menschen mit Behinderungen. SPD und Bündnis 90/Die Grünen in Niedersachsen werden diese politische Forderung realisieren. Inklusion ist uns Aufgabe und Verpflichtung. In dieser Verantwortung handeln wir.
Es ist unser erklärtes politisches Ziel, den gemeinsamen Schulbesuch von Kindern mit und ohne Behinderungen zu fördern. Wir wollen ein inklusives Bildungssystem. Die Umsetzung der Inklusion bringt eine große Verantwortung mit sich. Sie braucht Zeit und gute Bedingungen, um erfolgreich zu werden. Deshalb haben wir auch die Lehrerfortbildung deutlich ausgeweitet und mehr als 14 Millionen Euro dafür investiert.
Wir nehmen die Sorgen der betroffenen Schülerinnen und Schüler, Eltern, Lehrkräfte, Kostenträger, Schulbehörde und nicht zuletzt der Schulträger mit Blick auf die inklusive Schule ernst. Deshalb wollen wir der Vielfalt differenziert begegnen und berechtigte Unsicherheiten und Ängste bei den betroffenen Eltern ernst nehmen.
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Für das gemeinsame Ziel der Inklusion gilt es, die Abgrenzungen zwischen Ressorts und Kostenträgern zu überwinden. Denn die Finanzierung ist eine gemeinsame Aufgabe aller Ebenen.
Wir wollen aus diesem Grund der Inklusion in den Schulen des Landes die Zeit geben, die nötig ist, um das Gelingen der gleichberechtigten Teilhabe von Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen zu sichern.
• Niedersachsen braucht regionale Inklusionskonzepte in der Nachfolge der erfolgreichen Regionalen Integrationskonzepte (RIK), die im Dialog mit den Akteuren vor Ort entwickelt werden, das heißt in enger Abstimmung mit den Schulträgern mit Rücksicht auf die lokalen und regionalen Gegebenheiten und Bedingungen. Wir wollen die regionalen Entwicklungen achten und darauf aufbauen.
• Die inklusive Schule, die – getragen von einer breiten parlamentarischen Mehrheit – zum 1. August umgesetzt worden ist, zeitigt erste Erfolge. Im ersten Jahr haben sich 30 Prozent der Schülerinnen und Schüler mit besonderem Unterstützungsbedarf für den Besuch einer allgemeinen Schule entschieden.
• Die Landschaft der schulischen Förderung im Schwerpunkt Sprache ist in Niedersachsen regional sehr vielfältig. Alle Schritte zur inklusiven Veränderung der vorhandenen Strukturen beachten diese regionale Vielfalt und ermöglichen deren Weiterentwicklung in regionalen inklusiven Konzepten. Dabei sind für uns die Grundschulen mit den Sprachheilklassen das Kernelement der Weiterentwicklung.
• Die Förderschulen mit den Förderschwerpunkten „Geistige Entwicklung“, „Körperliche und motorische Entwicklung“, „Hören und Sehen“ können als Alternative zur inklusiven sonderpädagogischen Förderung weitergeführt werden. Der Elternwille entscheidet, wo das Kind unterrichtet werden soll.
• Die bestehenden Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt „Emotionale und Soziale Entwicklung“ können grundsätzlich als Durchgangsschulen weitergeführt werden.
• Die bislang zeitlich starr festgelegte Bildung von Schwerpunktschulen in den Förderschwerpunkten „Geistige Entwicklung“, „Körperliche und motorische Entwicklung“ sowie „Sehen und Hören“ nur bis zum 31. August 2018 soll auf Antrag des Schulträgers verlängert werden können, wenn dieser ein Inklusionskonzept zur örtlichen bzw. regionalen Schulentwicklung vorlegt.
• Im Gesetzgebungsverfahren wird es eine Neudefinition und Weiterentwicklung der Förderzentren geben.
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II) Wir fordern den Bund zur finanziellen Unterstützung auf
Wir fordern den Bund auf, die im Koalitionsvertrag verabredeten 6 Milliarden Euro für Bildung den Ländern zur eigenverantwortlichen Verwendung zur Verfügung zu stellen. Die Bundesländer haben unterschiedliche Herausforderungen im Bildungsbereich zu leisten. Deshalb kann es keine Bildungsförderung seitens des Bundes geben, die für jedes Bundesland gleichermaßen gilt. Das entspricht den Verhandlungen zur Bildung der Großen Koalition im Bund.
Niedersachsen würde anteilig von diesen Bundesmitteln 150 Millionen Euro im Jahr erhalten.
In Niedersachsen brauchen wir eine Stärkung der frühkindlichen Bildung und der schulischen Sozialarbeit an Schulen.

2014-0331 Klausur Hildesheim
im Gespräch mit Renate Geuter und Peter-Jürgen Schneider